DETAILSÜBER DAS STÜCK
„Er ist noch nicht zurück“ – im Hause Rutherford ist es nicht nötig, genauer zu erklären, wer „Er“ ist. Es gibt nur einen, um den alles kreist: den Patriarchen John Rutherford, Besitzer und Direktor der Glasfabrik seines Namens und übermächtiger Herrscher über seine Schwester und seine erwachsenen Kinder. Die in seinen Augen alle drei eine Enttäuschung sind: Janet, schon Mitte 30, zur Ehelosigkeit und Untätigkeit verdammt. Denn dass seine Tochter arbeiten oder sich mit einem Mann der Arbeiterklasse einlassen könnte, kommt für Rutherford nicht in Frage – schließlich hat er so hart für den sozialen Aufstieg gekämpft. Der älteste Sohn John soll eines Tages das industrielle Familienerbe antreten, zeigt dafür aber wenig Eignung und hat zu allem Übel auch noch eine Frau der unteren Schicht geschwängert und geheiratet, die der Schwiegervater nach Möglichkeit ignoriert. Und der Jüngste, Richard, genießt als Priester noch nicht einmal in seiner Gemeinde Respekt. Alle Hoffnungen und Lebensträume müssen sich dem Wohlergehen der Firma unterordnen. Aber auch um die ist es nicht zum Besten bestellt. In dem Bestreben, sein Vermächtnis zu erhalten, droht Rutherford alle zu verlieren, denen er es hinterlassen könnte. RUTHERFORD & SON erzählt die Geschichte einer auseinanderfallenden Familie im industriellen Norden Englands. 1912 geschrieben, hinterfragt es das Patriarchat und zeigt eine Verbundenheit mit der Bewegung der Suffragetten – sind es doch die Frauen, die in der Krise die Kraft finden, sich zu erheben und Verantwortung für ihr Leben (und ihre Nachkommen) zu übernehmen. Wie der Evening Standard 2019 festhielt, gilt es heute „als düsteres, leidenschaftliches Porträt einer zerstrittenen Familie und als scharfsinnige Vision eines gefährdeten Wirtschaftsunternehmens in einer Zeit politischer und geschlechtsspezifischer Umbrüche.“ HINTERGRUND
Die englische Autorin Katherine Githa Sowerby wurde 1876 in Gateshead in eine Glasmacherfamilie hineingeboren. 1905 zog sie mit ihrer Schwester Millicent, einer erfolgreichen Illustratorin, nach London und verfasste gemeinsam mit ihr mehrere Kinderbücher. Ihr erstes Theaterstück, RUTHERFORD & SON, war bei seiner Uraufführung im Jahr 1912 ein großer Erfolg. Veröffentlicht unter ihren Initialen G.K. Sowerby, wurde allgemein angenommen, dass die Autorin ein Mann sei. Als ihre wahre Identität enthüllt wurde, wurde Sowerby über Nacht zur Sensation. RUTHERFORD & SON wurde in London 133-mal und in New York 63-mal aufgeführt und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Weitere Stücke folgten: BEFORE BREAKFAST, 1912; A MAN AND SOME WOMEN, 1914; SHEILA, 1917; THE STEPMOTHER, 1924 und THE POLICEMAN'S WHISTLE, 1934. Im frühen zwanzigsten Jahrhundert war sie als Autorin und Feministin berühmt, doch als sie 1970 starb, waren sie und ihre Werke in Vergessenheit geraten. RUTHERFORD & SON wurde 1980 wiederentdeckt, seitdem gab es zahlreiche Aufführungen. |